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Wer hat die Hosen an? – Frauenmuseum Meran

Welches Objekt des Frauenmuseums könnte soziale Gerechtigkeit besser repräsentieren als die Hose, das stoffgewordene Symbol für den Kampf der Frau um Gleichstellung? Frauen brauchten einen langen Atem, um – zumindest kleidertechnisch – ein Stück Freiheit zu erobern.

In der westlichen Kultur stand die Hose stets für männliche Potenz, und keine Frau sollte es wagen, das maskuline Privileg in Frage zu stellen. So war es noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts üblich, Kinder, gleich welchen Geschlechts, in den ersten Lebensjahren mit Röckchen zu kleiden. Das Vollenden des vierten Lebensjahres brachte dann eine Zäsur: Endlich durfte der Junge zeigen, dass er ein Mann war – er bekam seine erste Hose und die damit einhergehende Bewegungsfreiheit.

Tatsächlich empfanden auch die Frauen die Hose als das bequemere Kleidungsstück. So trugen Frauen, die im Bergbau oder in der Viehwirtschaft arbeiteten, schon seit langer Zeit Hosen, wenn auch oft verborgen unter Röcken. Als der Wunsch der Frauen, ebenfalls Beinkleider zu tragen, immer offenbarer wurde, führten die Männer die fantasievollsten Begründungen an, um dem entgegenzutreten: So wurden etwa medizinische Bedenken geäußert, nämlich dass  Hosen die von Röcken gewährleistete Luftzufuhr unterbanden, was zu allerlei Unterleibsbeschwerden führen könne. Es gab auch ästhetische Bedenken: Dem weiblichen Körper, hieß es, stünden Hosen schlicht und ergreifend nicht an.

Mutige Frauen ließen sich nicht davon abbringen, Hosen zu tragen – zu Beginn gut versteckt unter den Röcken die ersten Unterhosen oder Unaussprechliche, wie sie auch genannt wurden. Sie sollten nicht nur vor Kälte schützen, sondern auch vor unliebsamen Einblicken, wenn der Rocksaum einmal zu weit nach oben rutschte.

Mit dem Wunsch der Frau nach Freiheit und Unabhängigkeit ging auch der Drang nach körperlicher Betätigung einher. Doch ob Radfahren, Reiten oder Tennis – dass Frauen im öffentlichen Raum einen aktiven Part übernahmen, war unerwünscht. Zusätzlich stellte die ihnen aufgezwungene Kleidung mit Korsett und Reifrock ein nicht unerhebliches Hindernis dar. Das mussten auch Frauen erleben, die Berge bezwingen wollten. Im Alpinsport war die Frau allenfalls als schmückendes und dienendes Beiwerk der gipfelstürmenden Männer geduldet. Dass eine Frau eigenständig Berge erklomm, war undenkbar.

Doch weder gesellschaftliche noch kleidungstechnische Hindernisse konnten die Frauen aufhalten: Im gleichen Maße, wie sie begannen, sich von Korsett und Krinoline zu befreien, eroberten sie immer neue Bereiche des öffentlichen Lebens. So kam es, dass Frauen schließlich auch in Bergsteigerhosen schlüpften und die ersten Bergspitzen erklommen.

Die vielen Gipfelstürme der letzten Jahrzehnte sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass hosentragende Frauen bis zum heutigen Tag in vielerlei Hinsicht diskriminiert und ausgegrenzt werden. Der Kampf um Gleichberechtigung ist noch nicht zu Ende.

Frauenmuseum Meran
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