Schon im frühen Mittelalter galt Sauerkraut als das einzige Wintergemüse, das man in genügend großen Mengen auf Vorrat zubereiten konnte, um damit gesund durch den Winter zu kommen. Die Bauern ernährten damit ihre Familien, der Adel seine zahlreichen Dienstleute. Für die Verpflegung der Schlossmannschaft von Schloss Tirol waren noch im 16. und 17. Jahrhundert die Dorf Tiroler Bauern verpflichtet, jährlich bis zu 14 Fuhren Rüben ins Schloss zu führen.
Im alten Tirol bestand dieses Kraut anfänglich nur aus feingehobelten oder kleingehackten Rüben, die nach der Kornernte, am besten bei Halbmond, im Acker gesät und im Spätherbst geerntet wurden. Die Pflege und das Ausziehen der Rüben waren Frauenarbeit, wie auch Oswald von Wolkenstein in einem seiner Lieder bestätigt:
„Stand auff, Maredl, liebes Gredel! Ziach die Rüben aus! Zünt ei! Setz zu Flaisch und Kraut, bis klug!“
Am Berg wurden die Rüben mit Rückenkörben eingetragen, gewaschen und dann mit dem Krauthobel – der Krautstoass – zerkleinert; die Blätter der Rüben wurden an die Kühe verfüttert. Anschließend wurde das Kraut mit etwas Salz in ein Krautfass eingestampft und mit einem Stein beschwert. Hier fand die laktische Gärung statt, die es zu Sauerkraut machte. In einigen Dörfern war es üblich, dass sich mehrere Haushalte einen Krauthobel teilten; anderswo zogen eigene Krautstoasser von Haus zu Haus und boten ihre Dienste an. Meist übten Weber diese winterliche Tätigkeit aus.
Aus der Klosterküche übernahmen allmählich die Bauern die Gepflogenheit, dem Rübenkraut auch Kraut aus Kohlköpfen beizumischen; letzteres galt als feiner und schmackhafter, und im Laufe der Zeit verdrängte es das Rübenkraut mehr und mehr.
Der Arzt Hippolyt Guarinoni (1571-1654) war ein großer Befürworter von Sauerkraut und empfahl es immer wieder, um sich gegen allerlei Seuchen zu schützen. Um sich ihren Lebensabend zu sichern, forderten verwitwete Bäuerinnen noch im 18. Jahrhundert von den Erben jährlich einige wesentlich Nahrungsmittel, darunter eine Yhrn (alte Südtiroler Maßeinheit) Sauerkraut.
Aus Montafon in Vorarlberg zogen im 19. und 20. Jahrhundert im Sommer Krautschneider als Saisonarbeiter mit ihrem Krauthobel am Rücken quer durch ganz Europa, um vor allem in den Städten Krautköpfe für die Sauerkrautproduktion zu schneiden.
In der langen Liste der Beschwerdeartikel, welche die Tiroler Bauern zu Beginn der von Michael Gaismayr angeführten Bauernrevolte von 1525 aufsetzten, klagten sie mehrmals über die Fronpflicht, für ihre Grundherren Kraut anbauen zu müssen. Besonders schwer wog die Tatsache, dass diese keine Rüben, sondern nur mehr Kohl für die Herstellung von Sauerkraut forderten. Der Anbau von Kohl war wesentlich aufwendiger als jener von Rüben; zudem waren Rüben als Zweitfrucht nach dem Korn für die Ernährung der Bauersfamilien besonders wichtig, da Zweitfrüchte in der Regel von Zehent-Abgaben befreit waren.
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