Der Brauch, Sterbebilder drucken zu lassen, um das Ableben eines Menschen bekannt zu machen und das Gebet für den Verstorbenen und seine Familie zu erbitten, war im 19. Jahrhundert im gesamten katholischen Europa verbreitet und wird regional immer noch gepflegt. Sterbebilder werden, je nach Region, auch als Totenbild(chen), Trauerbild(chen), Leidbild(chen) oder Leidhelgeli bezeichnet.
Erinnerungskultur ist auch heute noch vielen Menschen ein Anliegen. Wie sonst wäre der Zuspruch zu erklären, den das Portal sterbebilder.schwemberger.at erfährt? Mehr als 128.000 Sterbebilder aus Nord-, Ost- und Südtirol sind dort veröffentlicht. Seit dem Online-Gang gab es auf der von der Lienzerin Christine Schwemberger gestalteten Seite mehr als 3,8 Millionen Zugriffe.
Rund 18.000 Sterbebilder hat die Familie Wassermann in Niederdorf im Laufe der Jahre zusammengetragen. Wer Einblick in die Sammlung erhalten möchte, ist herzlich eingeladen, das Fremdenverkehrsmuseum Hochpustertal zu besuchen. Die Sterbebilder befinden sich allesamt in einer Holztruhe im Eingangsbereich des Museums, können aber auch, nach Familien- und Vornamen alphabetisch geordnet, auf einem Bildschirm im zweiten Stock des Wassermann-Hauses digital aufgerufen werden.
In der Niederdorfer Sammlung finden sich Sterbebilder von prominenten Menschen der Habsburgermonarchie wie Erzherzog Thronfolger Franz Ferdinand und Gattin Herzogin Sophie Hohenberg, Kaiserin Elisabeth und Kaiser Karl. Sie erinnert aber auch an lokale Prominenz. Etwa an Frau Emma Witwe Hellenstainer, Wirtin des in ganz Tirol bekannten Hotel Emma. Daneben findet man zahlreiche Andenken an Menschen unterschiedlicher sozialer Stände, darunter Bauern und Handwerker, Gastwirte, Kaufleute, Priester und Ordensleute.
Die meisten dieser Sterbebilder stammen aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts oder aus der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie enthalten vielfach ein Foto des/der Verstorbenen sowie Angaben zu Beruf, Besitz- und Zivilstand. Hofnamen spielen eine wichtige Rolle. Und das „lange“ oder „kurze“ Leiden vor dem Tod wird ebenfalls immer wieder erwähnt. Sorgfältig ist auch das genaue Alter des oder der Verstorbenen angeführt sowie der Empfang der Sterbesakramente. Vermerkt wurden früher außerdem Verdienste beim Militärdienst und Kriegsauszeichnungen. Vielfach wurden die Sterbebilder mit Sinnsprüchen, meist Gebetstexten oder Zitaten aus der Bibel, versehen. All dies macht sie zu einer wertvollen sozialgeschichtlichen Quelle, die in der heutigen Ahnen- und Familienforschung eine wichtige Rolle spielt.
Ob arm oder reich, im Sterbebild ist das Leben des oder der Verstorbenen auf wenigen Quadratzentimetern zusammengefasst. Der römische Philosoph und Dichter Seneca schrieb in seinen Briefen über Ethik: „Der Tod beseitigt alle Unterscheide. Ungleich werden wir geboren, gleich sind wir im Tod.“ (Aequat omnes cinis. Impares nascimur, pares morimur)
Haus Wassermann, Niederdorfinfo@niederdorf.it