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Gleiches Wasser-Recht für alle – Vuseum s’Vintschger Museum

Die Sorge um das Wasser ist seit jeher ständiger Begleiter der Menschen im Vinschgau. Niederschlagsarmut, Wind und Trockenheit bestimmen das Klima des Tales. Aufgrund der Wasserknappheit entwickelten die Menschen schon früh innovative Lösungen, um die Bewässerung von Äckern und Wiesen zu gewährleisten.

Mit Hilfe von Kanälen wurde das Bewässerungswasser, das sogenannte Wasserwosser, von den Fassungsstellen zu den Äckern und Wiesen geleitet. Für den Bau und den Erhalt dieser Waale schlossen sich Personenverbände zu Interessentschaften zusammen. Diese teilten sich das Wasserrecht. Die Bewässerung erfolgte nach ausgeklügelten Regeln. Der Waaler war der Wasserhüter und übernahm neben anderen Aufgaben die tägliche Aufsicht über den Waal.

Im 18. und 19. Jahrhundert war es im Vinschgau üblich, die Höfe zu gleichen Teilen an alle Kinder zu vererben. Durch die Realteilung entstand der heute noch typische Fleckenteppich aus kleinen Parzellen. Dies erschwerte die gerechte Verteilung des ohnehin knappen Wassers zusätzlich. Oft kam es zu Auseinandersetzungen, denn an die Verfügbarkeit von Wasser und an den Ertrag von Wiesen und Äckern waren Existenzen geknüpft.

Es gab verschiedene Möglichkeiten, die Reihenfolge der Bewässerungszeiten festzulegen. In Kortsch zum Beispiel fand jährlich eine Verlosung statt. Diese geschah durch das Ziehen von Holzlosen. In jedes Los war das March eines Hofes eingekerbt. Die runenartigen Zeichen entstammen vermutlich alten Hausmarken, mit denen das geschlagene Holz oder Arbeitsgeräte markiert wurden. Einzelne Höfe lassen sich heute noch zuordnen. Später wurden die Einkerbungen oft um die Initialen des jeweiligen Bauern ergänzt und mit Kugelschreiber beschriftet.

Ein Bewässerungszyklus dauerte drei Wochen und wurde Road genannt. Der Tag wurde wiederum in Weilen eingeteilt. Bevor das Wasser im Frühjahr in den Waal eingeleitet wurde, versammelte sich nach dem Läuten der Ave-Maria-Glocke die bäuerliche Dorfgemeinschaft in der Kirche. Der Gemeindediener übernahm die Verlosung. Er zog jeweils zwei Lose zugleich aus dem Sack. Jedes Los stand für einen halben Tag. Dies wurde so lange weitergeführt, bis alle drei Wochen ausgelost waren. Die Bewässerungszeit an einem Tag musste dann erneut unter den gezogenen Besitzern verlost werden. Die Roadordnung galt für ein Jahr.

Die Verlosung der Road sorgte für eine gerechte Verteilung des Wasser-Wossers. Dabei entschied der Zufall und nicht der soziale oder wirtschaftliche Status des Hofes.

Vuseum s’Vintschger Museum, Schluderns
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