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Einer für alle, alle für einen – Südtiroler Obstbaumuseum

Diese handbeschriftete Holztafel wurde im Auftrag des Vorstandes der Meraner Obstgenossenschaft CAFA (Cooperativa Anonima Frutticoltori Altoatesini) angefertigt und bei der Mitgliedervollversammlung 1959 ausgehängt. Manche Apfel- und Birnensorten waren im Handel kaum bis gar nicht mehr gefragt und brachten schlechte Auszahlungspreise. Der Aufwand für die Sortierung war also nicht mehr gerechtfertigt. Auch lieferten manche Bauern von gewissen Sorten nur mehr eine oder zwei Steigen an. Eine Vermarktung zahlte sich bei so kleinen Mengen nicht aus, deshalb wurden die aus der Mode gekommenen Äpfel und Birnen aus dem Sortiment genommen.  Um den gemeinsamen Gewinn der Genossenschaft zu steigern, sollte der Schwerpunkt in Zukunft auf wenige ausgewählte Sorten gelegt werden.

Das Genossenschaftswesen hat dem Südtiroler Obstbau Stabilität und Schlagkraft verliehen und für soziale Gerechtigkeit und Solidarität unter den Bauern gesorgt. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts bildeten Interessentschaften die Grundlagen des Gemeinwesens und des bäuerlichen Wirtschaftslebens. Dabei stand die gemeinsame Nutzung von Wald, Weide, Wasser und Weg im Mittelpunkt. Durch die Grundablöse im Jahr 1848 war der Bauernstand in eine schwierige Lage gekommen. Das Genossenschaftswesen sollte hier ausgleichend und helfend eingreifen. 1881 erließ der Landtag ein Gesetz, das die Gründung von Genossenschaften vor allem im Bereich der Landwirtschaft förderte. Bereits 1893 erfolgte mit der Gründung der Obstproduzentengenossenschaft Meran Burggrafenamt der erste Schritt zum heute nicht mehr wegzudenkenden Genossenschaftswesen in der Südtiroler Landwirtschaft. 1933 folgte die Gründung der Obstgenossenschaft Meran-Mais unter der Bezeichnung CAFA. Viele andere Obstproduzenten folgten diesem Beispiel und bildeten ihrerseits Genossenschaften.

Die Bauern setzten auf Zusammenarbeit und kollektiven Handel, um ihre wirtschaftliche Position zu stärken und Unabhängigkeit zu erreichen. Man wollte vermeiden, dass die kleinstrukturierten Familienbetriebe dem privaten Handel und dessen Vorgaben ausgeliefert waren. Gemäß dem Grundgedanken „Einer für alle – alle für einen“ sollten die Bedingungen für die kleinen Bauern verbessert und ein Ausgleich gegenüber den Großgrundbesitzern geschaffen werden. Jedes Mitglied hatte unabhängig von der Hofgröße eine Stimme, und Entscheidungen wurden gemeinsam getroffen. Das Vertrauen in die Genossenschaft war da, nicht zuletzt weil man sich gegenseitig kannte und vor allem auch Vertrauen in das eigene Produkt, in erster Linie den Apfel, hatte. Die Nachfrage nach Äpfeln war groß, ihre Vermarktung brachte den erhofften Gewinn, der nun nicht mehr von einigen wenigen Händlern eingesteckt, sondern an die Mitglieder verteilt oder reinvestiert wurde. Die Genossenschaften sorgten aber nicht nur für Ausgleich unter den Landwirten, sondern schufen auch Arbeitsplätze – in erster Linie für Frauen. Frauen war es nun möglich, auch in der Landwirtschaft ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften.

Südtiroler Obstbaumuseum, Lana
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